IG-BCE-Delegiertenkonferenz in Nordrhein:

Vassiliadis fordert detaillierte Roadmap zur Transformation - Laschet: "Wir müssen Industrieland bleiben!"

Die IG BCE im Landesbezirk Nordrhein richtet sich neu aus. Mehr als 100 Delegierte wählten am Samstag auf einer hybriden Konferenz nicht nur einen neuen 19-köpfigen, ehrenamtlichen Landesbezirksvorstand, der den Landesbezirk politisch leiten wird, sondern stimmten auch über 71 Anträge aus unterschiedlichen Themenbereichen ab, auf denen sich der Landesbezirk und die IG BCE insgesamt für das Jahrzehnt der Transformation rüsten.

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Frank Löllgen, Landesbezirksleiter in Nordrhein, mit einer kämpferischen Ansprache

Foto: © IG BCE Nordrhein

Unter anderem ging es in den Antragsberatungen um Themen wie attraktive Rahmenbedingungen für industrielle Wertschöpfung, die Folgen der Corona-Pandemie, Digitalisierung oder um die Verbesserung von Tarif- und Arbeitsbedingungen. Auch die Weiterentwicklung der IG BCE Nordrhein hin zu einer moderneren, agileren und schlagkräftigeren Organisation war Thema eines Antrags.

„Das war eine erfolgreiche Konferenz“, blickte Landesbezirksleiter Frank Löllgen zurück. „Ich danke den Kolleginnen und Kollegen, die diese vielen Anträge mit viel Herzblut und Verstand geschrieben, diskutiert und eingebracht haben. Die Anträge zeigen mir, dass wir alle gemeinsam für gute Arbeit in unserem Land und gute Arbeitsbedingungen in unseren Betrieben arbeiten. Das macht mich stolz! Ich freue mich darauf, gemeinsam mit unserem neuen Landesbezirksvorstand an den Themen weiterzuarbeiten. Fest steht: Die Arbeit von Morgen gestaltet sich nicht von selbst!“, erklärte Löllgen.

Der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis ging in seiner Rede auf die geplanten Änderungen des Klimaschutzgesetzes nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ein. „Karlsruhe hat der Politik ins Stammbuch geschrieben, einen konkreten Fahrplan für den klimagerechten Umbau der Industriegesellschaft in den kommenden Jahrzehnten vorzulegen. Der jetzt vorgelegte Entwurf für das geänderte Klimaschutzgesetz formuliert dagegen lediglich schärfere Ziele“, so Vassiliadis. Wie sie genau umgesetzt werden sollten, bleibe der Entwurf schuldig. „Wir können uns immer ambitionierte Klimaziele geben: Ohne eine schlüssige politische Roadmap zu ihrer Erreichung vergrößert sich nur die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit.“

Diese Roadmap müsse einen radikalen Ausbau alternativer Energieträger und der Netze umfassen – zur Not auch unter Beseitigung hemmender Widerstände im rechtlichen und planerischen Bereich. Es brauche einen beschäftigungsfreundlichen Garantiepreis für grünen Industriestrom ebenso wie einen Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen für die energieintensiven Branchen.

Gleichzeitig warnte Vassiliadis vor sozialen Verwerfungen aufgrund zu stark steigender CO2-Preise. Sie würden die Schwächsten in der Gesellschaft am härtesten treffen. „Wenn wir den Klimaschutz nicht sehr konkret sozial gerecht gestalten, schaffen wir ein neues Klima-Prekariat“, sagte der IG-BCE-Vorsitzende. Nötig seien ein pauschales Klimageld als Ausgleich für steigende Abgaben, ein höheres Mobilitätsgeld für wachsende Pendler-Kosten und ein Schutz vor Mieterhöhungen bei energetischer Gebäudesanierung.

Highlight der Konferenz war die Diskussion zwischen Vassiliadis und Armin Laschet, Vorsitzender der CDU und Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen. Im Streitgespräch, das auch die Delegierten der zeitgleich stattfindenden Konferenz des Landesbezirks Westfalen verfolgen konnten, ging es um die Herausforderungen und Chancen der Transformation für den Industriestandort Deutschland. In der Diskussion wurde deutlich, dass Kraftanstrengungen notwendig sind, damit Deutschland und besonders NRW auch in Zukunft ein starker Industriestandort bleibt.

Ministerpräsident Armin Laschet machte deutlich, dass Nordrhein-Westfalen auch künftig ein Industrieland bleiben muss und Gewerkschaften hierfür starke Partner sind. „Wir müssen Industrieland bleiben – auch in Zukunft. Wir müssen die 20er Jahre zu einem Modernisierungsjahrzehnt machen. Das gelingt nur mit starken Gewerkschaften. Das heißt vor allem und konkret: Wir müssen gerade jetzt in der Krise entschlossen in Digitalisierung und Klimaschutz investieren. Es muss gelingen, unsere Wirtschaft umzubauen und das Ziel einer klimaneutralen und wettbewerbsfähigen Industrie zu erreichen. Das geht nur, wenn Politik, Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenarbeiten. Die IG BCE bleibt dabei ein wichtiger Partner: Sie hat in der Vergangenheit, ob beim Kohle- oder beim Atomausstieg, gezeigt, dass sie Transformation kann“, so Laschet.

„Wir nehmen Herrn Laschet beim Wort, wenn er uns zusichert, dass er zum Industriestandort Deutschland steht“, machte Löllgen deutlich „Wir werden sehr aufmerksam sein Programm lesen und ihn an seinen Handlungen messen. Industrie ist nicht das Problem, sondern muss als Teil der Lösung für die dringenden Zukunftsfragen begriffen werden. Industrie ist auch die Basis für gute Arbeit in mitbestimmten Betrieben mit tariflichen Regelungen. Das ist für uns der Maßstab!“, so der Leiter des mit gut 100.000 Mitgliedern größten Landesbezirks der IG BCE.

Die Konferenz fand in Folge der Corona-Pandemie erstmals in einer hybriden Form statt.  Unter den vorgegebenen Hygienebedingungen waren lediglich einige Teilnehmer persönlich anwesend, damit die Konferenz entsprechend den Satzungsvorgaben abgehalten werden konnte. „Wir konnten am 8. Mai einiges auf den Weg bringen und haben gezeigt, dass die IG BCE das digitale Miteinander organisieren kann – auch wenn wir unseren Kolleginnen und Kollegen lieber von Angesicht zu Angesicht begegnen“, so Löllgen.