Energiewirtschaft

Vor großen Herausforderungen

In der deutschen Energiewirtschaft (Strom, Gas, Wärme) arbeiten mehr als 200.000 Beschäftigte. Die hiesige Stromversorgung basierte im Jahr 2021 zu knapp 41 Prozent auf erneuerbaren Energien, zu 19 Prozent auf Braunkohle, zu 15 Prozent auf Erdgas, zu zwölf Prozent auf Kernenergie, neun Prozent auf Steinkohle und vier Prozent auf weiteren Energieträgern. Derzeit steht die Branche wegen der Auswirkungen des Ukraine-Kriegs besonders im Fokus.

Umspannwerk

Umspannwerk

Foto: © Volker Rauch, shutterstock.com

Die energiewirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs zeichnen sich nicht nur durch massiv angestiegene Preise in den kurz- und mittelfristigen Strompreisen ab, sondern auch und besonders hinsichtlich der Diskussionen zum Thema der Versorgungssicherheit bei der Stromproduktion, also dem Kraftwerkssegment und der Kraftwerksstruktur. In dieser Tiefe und Vehemenz wird das Thema zum ersten Mal seit mehreren Jahrzehnten diskutiert, vergleichbar ist die Situation mit den Verwerfungen in Folge der beiden Ölpreiskrisen vom 1973 und 1979/1980.

Die eingetretenen Verknappungen beim russischen Erdgas durch Kürzungen seitens Russland bzw. die Erwartung eines Embargos von russischem Gas durch die EU, haben nicht nur zu deutlich höheren Erdgaspreisen (Vervier- oder gar Verfünffachung im Vergleich zu 2021) geführt, sondern nähren Befürchtungen, dass es  im Herbst-Winter 2022/2023 zu einem physikalischen Gasmangel kommen könnte. Die Bundesregierung hat dagegen Maßnahmen wie z. B. eine stringente Gasbevorratung sowie die Aktivierung von Kohle- und Ölkraftwerken eingeführt bzw. eingeleitet.

Kurzfristig können bei Aktivierung der Reserven vor allem die Kohleanlagen weitestgehend die Gaserzeugung außerhalb der KWK-Erzeugung ersetzen und das zu geringeren Kosten. Teilweise könnte auch der Gaseinsatz in den Nachbarländern durch deutsche Kohleverstromung reduziert werden. Hierzu bedarf es der politischen und rechtlichen Absicherung eines sicheren Marktzutritts der Reserveanlagen bzw. der rechtlichen Rahmenbedingungen.

Kohlestrom ist unter den heutigen Bedingungen, auch inklusive eines CO2-Preises von 80 Euro pro Tonne im Emissisionszertifikate-Markt (EUA-Markt), mehr als 50€/MWh günstiger und vor allem sicherer als Gasstrom. Zum Vergleich: 2018 lag der CO2-Preis im Emissionshandelssystem bei rund 25 Euro pro Tonne.

Zudem zeigt sich deutlich der aktuelle Schwachpunkt der erneuerbaren Energien (Windkraft und Photovoltaik): Sie waren, sind und werden ohne Backup-System (Speichermedien oder Reserve) nicht versorgungssicher sein beziehungsweise können derzeit nicht als systemstabilisierende Reserve genutzt werden. Zwar hat die Bundesregierung mittlerweile festgelegt, dass mindestens zwei Prozent der Bundesfläche an Land für Windräder ausgewiesen werden sollen – das entspräche einer Verdoppelung der aktuellen Fläche. Allerdings verläuft der Ausbau der Windenergie seit Jahren nur schleppend, auch wegen der langen Genehmigungsverfahren. Diese müssten deutlich verkürzt werden, um die Ausbauziele erreichen zu können.