Labordienstleister Amedes

Beschäftigte fühlen sich nicht wertgeschätzt

Seit einem Jahr arbeiten die Amedes-Beschäftigten im medizinischen Bereich am Limit. In den Corona-Test-Laboren geben sie alles, um alle Proben abzuarbeiten. Sie machen Überstunden und schieben Sonderschichten. Und sie halten dabei dem Druck stand, dass es bei ihrer Arbeit um Menschenleben geht und sie dabei helfen können, die Pandemie besser in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig ist der Gewinn der Unternehmens explodiert. Trotzdem stocken die Tarifverhandlungen.

Auswertung Coronatests im Labor
Foto: © iStock/sanjeri

Der Umsatz von Amedes ist im vergangenen Jahr um einen dreistelligen Millionenbetrag höher ausgefallen als geplant, doch die Arbeitgeber haben in der vierten Verhandlungsrunde kein neues Angebot für die bundesweit rund 3000 Beschäftigten im medizinischen Bereich vorgelegt. Sie wiederholten nur ihren Vorschlag einer einmaligen Corona-Prämie. IG-BCE-Verhandlungsführer Peter Winkelmann sagt: „Mit diesem Angebot gingen sie in keiner Weise auf unsere Forderungen nach einer deutlichen Tariferhöhung und einem Zukunftskontos ein. Wertschätzung sieht anders aus.“ Die IG BCE fordert eine Erhöhung der Entgelte und Ausbildungsvergütungen um fünf Prozent und die Einführung eines Zukunftskontos im Gegenwert von fünf freien Tagen pro Jahr, die von den Beschäftigten wahlweise in Zeit oder in Geld genommen werden können. Winkelmann unterstreicht: „An diesem Punkt haben wir die Verhandlungen unterbrochen und keinen neuen Termin vereinbart. Wir bereiten nun Tarifaktionen vor, um den Druck auf den Arbeitgeber zu erhöhen."

Denn die Beschäftigten sind genervt. Und sie sind enorm belastet. Uta Kolaßa arbeitet am Standort Göttingen und ist Mitglied der Tarifkommission. Sie sagt: „Meine Kolleg*innen fühlen sich unfair behandelt und sind wütend. Alle arbeiten auf 150 Prozent und geben in der aktuellen Situation alles, um irgendwie hinterher zu kommen.“ Kolaßa betont: „Für unsere Kollegen ist es ein absolutes Unding, dass der Arbeitgeber für Einmalzahlungen wirbt, die Vergütungen aber nicht nachhaltig steigen sollen. Das wird aus zahlreichen Rückmeldungen unserer Kollegen deutlich. Viele melden uns zurück, dass sie ihren Einsatz und ihre Arbeit nicht aufrichtig wertgeschätzt sehen und sich abgespeist fühlen.“

Amedes-Mitarbeiter Erik Hamann
Foto: © privat

"Seit Monaten müssen wir Überstunden leisten und Sonderschichten schieben. Uns bleibt kaum Zeit zum Durchatmen.“

Erik Hamann
Tarifkommissionsmitglied

 „Die Situation ist sehr frustrierend“, findet auch Tarifkommissionsmitglied Erik Hamann, der im Labor in Halle arbeitet. Seit mehr als einem Jahr wertet er dort mit seinen Kolleg*innen die PCR-Corona-Tests aus. „Die Zahlen waren hier zeitweise wahnsinnig hoch und die Belastungen extrem. Seit Monaten müssen wir Überstunden leisten und Sonderschichten schieben. Uns bleibt kaum Zeit zum Durchatmen“, berichtet er. Einerseits belaste Corona die 110 Beschäftigten am Standort enorm, andrerseits habe die Pandemie viel Geld in die Kassen von Amedes gespült. Hamann unterstreicht: „Davon muss auch bei den Mitarbeitern nachhaltig etwas ankommen.“

Auch für Annette Fritsch und ihre Kolleg*innen im Bielefelder Amedes-Labor waren die vergangenen Monate eine „Höllenzeit“. Gut ein Drittel mehr Proben mussten die Beschäftigten in den PCR vorbereitenden Abteilungen abarbeiten, in der PCR-Abteilung selbst sogar die fünffache Menge. Zwar schuf der Arbeitgeber einige neue Stellen. Genug seien es aber nicht gewesen. „Zur Auswertung der Proben kommt jetzt noch das Sequenzieren hinzu: Wir müssen die Proben daraufhin analysieren, ob es sich eine Coronavirus-Mutation handelt.“ Das fresse zusätzliche Zeit.

Die medizinische technische Assistentin (MTA) Fritsch ist in der Verfahrenskontrolle tätig. In Bielefeld arbeiten neben den MTAs auch viele medizinische Fachangestellten (MFAs). „Bei Amedes liegen wir tendenziell unter dem, was sie sonst verdienen, wenn sie bei Ärzten angestellt sind. Deshalb finden wir nur schwer Fachkräfte und brauchen unbedingt eine vernünftige Gehaltserhöhung.“ Bereits zum dritten Mal sitzt Fritsch in der Tarifkommission. Auch die früheren Verhandlungen war zäh, erinnert sie sich. „Dass sie jetzt nur noch online stattfinden können, macht alles noch schwieriger.“

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Foto: © Maksim Toome/ IG BCE / Colourbox
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In den Corona-Test-Laboren geben die Beschäftigten ihr Bestes, um mehr als eine Million Tests pro Woche auszuwerten. Doch die Grenze der Belastungsfähigkeit ist erreicht: Trotz Überstunden kommen sie bei immer weiter steigenden Testzahlen dennoch kaum hinterher.

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Krisenheldinnen im Labor

Auf Infektionen mit dem Coronavirus testet Aesculabor seit Jahresbeginn. Im März begann der zur amedes-Gruppe gehörende Laborbetrieb in Hamburg auch mit der Prüfung auf Antikörper im Blut. „Das ist ein aufwendiges Verfahren“, erklärt der leitende Arzt Peter Wollenberg, „denn man muss Kreuzreaktionen ausschließen, die sich auf Antikörper gegen andere Viren beziehen“.