Equal Care Day

Sorgearbeit ist ungerecht verteilt

Frauen erledigen immer noch deutlich mehr Sorgearbeit als Männer – um auf dieses Missverhältnis hinzuweisen, gibt es den Equal Care Day am 29. Februar. IGBCE-Vorstandsmitglied Oliver Heinrich appelliert, Sorgearbeit partnerschaftlicher zu verteilen. Im Zeichen der Gleichstellung stehen zudem der Equal Pay Day am 6. März sowie der Internationale Frauentag am 8. März.  

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90 Minuten – so viel mehr Zeit verbringen Frauen im Schnitt pro Tag mehr als Männer mit der sogenannten Care-Arbeit. Das hat ein Fachgutachten des Bundesfamilienministeriums ergeben. In diesen anderthalb Stunden holen sie beispielsweise Kinder vom Kindergarten ab, gehen Einkaufen, putzen oder planen den nächsten Kindergeburtstag. Denn das ist mit Sorge- und Pflegearbeit gemeint: das ganz alltägliche, immer wiederkehrende Kümmern und Versorgen aller Haushaltsmitglieder, die Organisation und Verantwortung (‘Mental Load’) dafür, dass es daheim „läuft“. Equal Care meint in diesem Zusammenhang die faire und gleichwertige Verteilung von Sorgearbeit in einer Partnerschaft – darum geht es am Equal Care Day am 29. Februar.

„Waschen, kochen, aufräumen, die Woche planen, nahe Angehörige pflegen, die vielen kleinen Handgriffe links und rechts“, fasst Oliver Heinrich, für Gleichstellung zuständiges IGBCE-Vorstandsmitglied, die Lasten zusammen, die in der Regel die Frauen übernehmen. „Eine partnerschaftliche Verteilung von Sorgearbeit entsteht nicht einfach so“, appelliert er vor allem an die Männer. „Die müssen wir uns erarbeiten. Und dafür müssen wir bei uns selbst anfangen.“ Sein Ziel sei es, „von diesen 90 Minuten runterzukommen“. „Nur so können Frauen einer Erwerbsarbeit nachgehen, die sie wirtschaftlich unabhängig macht. Nur so haben sie Zeit für Erholung, ehrenamtliches Engagement, zur Teilhabe an der Gesellschaft“, so Heinrich. „Dafür setze ich mich ein und dafür steht die IGBCE.“

Dazu kommt ein weiteres Problem: Auch Care-Berufe (beispielsweise in der Pflege, Erziehung und Fürsorge) werden überwiegend von Frauen ausgeübt, in Deutschland liegt der Wert bei mehr als 80 Prozent. Die unbezahlte Care-Arbeit und die mehrheitlich eher schlecht bezahlten Care-Berufe führen zu einem geringeren Verdienst bei Frauen – die berühmte Gender Pay Gap. Dieses geschlechtsspezifische Lohngefälle beträgt in Deutschland unbereinigt 18 Prozent. Werden strukturelle Unterschiede wie Beruf, Branche, Beschäftigungsumfang oder Karrierelevel herausgerechnet (bereinigte Berechnung), beträgt der Abstand im Schnitt immerhin noch sechs Prozent.

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Der Equal Pay Day, an dem es um die gleiche Bezahlung für Männer und Frauen geht, fällt in diesem Jahr auf den 6. März: Vom 1. Januar bis zu diesem Tag arbeiten Frauen im Vergleich mit den männlichen Kollegen unentgeltlich. Oder wie Vorstand Oliver Heinrich vorrechnet: „18 Prozent, das sind umgerechnet 4,46 Euro pro Stunde, die Frauen weniger verdienen als Männer. Jede Stunde, an jedem Tag im Jahr.“ Die IGBCE setze sich dafür ein, dass sich das ändert. Am besten funktioniere das mit Tarifverträgen. „Frauen, die mit unseren Verträgen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie arbeiten, verdienen 10,55 Euro mehr als Frauen, die in Unternehmen arbeiten, in denen es keinen IGBCE-Tarifvertrag gibt“, erklärt Heinrich. Das mache brutto einen Unterschied von 1600 Euro im Monat. Die ungleiche Entlohnung von Frauen und Männern bekämpfe die IGBCE deshalb mit guten Tarifverträgen.

Am 8. März folgt dann noch der Internationale Frauentag, der seit mehr als 100 Jahren weltweit begangen wird und in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sogar ein gesetzlicher Feiertag ist. Er entstand in der Zeit des Kampfes um die Gleichberechtigung und um das Wahlrecht für Frauen, das in Deutschland im Jahr 1918 eingeführt wurde. „Heute wird die Emanzipation der Frau wieder vielfach in Frage gestellt“, warnt Heinrich. „Wo rechtspopulistische und nationalistische Kräfte an die Macht kommen, geraten neben der Demokratie auch die Frauenrecht in Bedrängnis.“ Es gelte deswegen, antidemokratische und antifeministische Weltbilder zurückzudrängen.

Was denkst du? Wie ist es um die Gleichstellung von Frauen in Deutschland bestellt? Was sind die größten Baustellen im Verhältnis der Geschlechter? Noch bis zum 3. März kannst du dich an unserer aktuellen Mitgliederumfrage in der „Meine IGBCE“-App beteiligen und ein iPad gewinnen. Zur Umfrage kommt man in der App über den „Mehr“-Button unten rechts und dann „Meine Meinung“.

Weitere Informationen

Grafik zur Benachteiligung von Frauen im Betrieb
Foto: © IGBCE/Markus Köpp
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IGBCE-Umfrage zur Gleichstellung: Noch ein weiter Weg für die Industrie

Bei der Gleichstellung von Frau und Mann im Berufsleben klafft in weiten Teilen der deutschen Industrie noch immer eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Das geht aus einer Erhebung der IGBCE hervor, für die die Industriegewerkschaft kurz vor dem „Equal Pay Day“ (6. März) und dem Frauentag (8. März) mehr als 2700 ihrer Mitglieder aus gut einem Dutzend Branchen befragt hat.