Deutscher Betriebsräte-Preis

Erfolgreich im Betrieb

Besondere Ehrung: Die Betriebsräte von Getec und Finzelberg aus dem Organisationsbereich der IGBCE erhalten Auszeichnungen beim Betriebsrätetag in Bonn.

Deutscher Betriebsräte-Preis 2021
Foto: © Bernadett Yehdou

Zum 13. Mal in Folge hat in Bonn die bundesweit bedeutendste Auszeichnung für Betriebsräte stattgefunden. Vor den Monitoren zu Hause und vor Ort im altehrwürdigen Bonner Plenarsaal diskutierten mehr als 1.000 Teilnehmer*innen über die Zukunft der Betriebsratsarbeit in Deutschland. Auch in diesem Jahr haben sich engagierte und aktive Betriebsratsgremien für den deutschen Betriebsrätepreis beworben. Aus über 80 Bewerbungen hatte die Jury Ende Mai zwölf Arbeitnehmervertretungen ausgewählt. Sie spiegeln das wider, was in Unternehmen und Interessenvertretungen derzeit ganz oben auf der Agenda steht: Transformationsprozesse, Standortsicherungen, Betriebsvereinbarungen zu mobilem Arbeiten und Homeoffice, Pandemieauswirkungen, Arbeitszeitmodelle, Gleichstellung und viele weitere Themen. Vergeben wurden drei Hauptpreise (Gold, Silber und Bronze) und drei Sonderauszeichnungen.

„Starke Betriebsräte sind wichtiger denn je, denn sie setzen sich für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz ein. Vor allem aber suchen sie nach kreativen Lösungen, um Unternehmen und Arbeitsplätze zu retten“, sagte Schirmherr und Bundesminister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil. Ziel sei es, dass künftig noch mehr Beschäftigte von einer starken innerbetrieblichen Arbeitnehmervertretung profitieren. „Deshalb werden wir als Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Gründung und Wahl von Betriebsräten erleichtern“, so Heil weiter. „Gleichzeitig wollen wir die Rolle der Betriebsräte bei der Bewältigung des Strukturwandels stärken, – indem wir ihre Rechte bei Qualifizierung und Weiterbildung verbessern.“

Sonderpreis für innovative Betriebsratsarbeit

Der Betriebsrat von Finzelberg wurde mit dem Sonderpreis für innovative Betriebsratsarbeit ausgezeichnet. Finzelberg gehört zu den weltweit größten Herstellern von Phytopharmaka - Arzneimittel pflanzlichen Ursprungs. Verteilt auf die beiden Standorte in Andernach und Sinzig beschäftigt das Unternehmen 360 Menschen. Dem Gremium rund um den Betriebsratsvorsitzenden Wolfgang Hell ist es gelungen, das Schichtmodell so umzugestalten, dass nun Teilzeitarbeit im Schichtbetrieb möglich ist. Das Besondere: Bei der Reduzierung der Wochenarbeitszeit fällt der Nettolohnverlust gering aus, weil Ansprüche auf steuerfreie Nachtzulagen bestehen bleiben. Mit dem Wegfall der Arbeit an Wochenenden und in den Nächten bei einer zusätzlichen dreiprozentigen übertariflichen Schichtzulage profitieren vor allem gesundheitlich angeschlagenen Schichtbeschäftigte von besseren Arbeitsbedingungen. „Die sind durch die jahrelange Schichtarbeit oftmals ausgelaugt. Jetzt können sie zu Kräften kommen und trotzdem weiterarbeiten“, so der Betriebsratsvorsitzende. Die Entscheidung, wer in dieses System kommt, trifft das betriebliche Gesundheitsmanagement von Finzelberg, das gleichberechtigt aus zwei Betriebsratsmitgliedern und zwei Vertretungen der Geschäftsleitung besteht. „Das ist aktive Präventionsarbeit“, sagt Hell.

Laudatorin Isabel Eder, Abteilungsleiterin der Abteilung Mitbestimmung und Betriebsverfassung bei der IGBCE, lobte den Finzelberg-Betriebsrat: „Mit euren Regelungen und Bemühungen zur Änderung Eures Schichtmodells habt ihr gezeigt, dass auch Schichtregelungen vereinbarer und weniger belastend gemacht sein können.“

Energiedienstleister GETEC gewinnt den Bronzepreis

In der Kategorie der Hauptpreise sicherte sich der Energiedienstleister GETEC aus Magdeburg den Bronzepreis. Der Betriebsrat hatte sich erst im September 2019 gegründet, – also kurz vor der Pandemie. Aller fehlenden Erfahrung zum Trotz hat das Gremium nicht nur die Krise gemeistert, sondern auch den Umstieg hin zu einer modernen Arbeitszeitgestaltung aktiv begleitet. „Wir wurden aktiv, da es im Unternehmen auch bedingt durch das schnelle Wachstum eine enorme Arbeitsbelastung der Beschäftigten gab“, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende der GETEC Group, Tobias Schiller. „Im Gegenzug erfolgte in verschiedenen Bereichen kein entsprechender Ausgleich für geleistete Arbeit und es gab keine einheitlichen unternehmensweiten Regelungen.“ Der 31-jährige Schiller bildet die Spitze des Betriebsrats gemeinsam mit dem unternehmensübergreifenden Betriebsratsvorsitzenden Christian Felter.

Die beiden haben sich für eine Betriebsvereinbarung eingesetzt, die nicht nur Arbeitszeitgrenzen, Arbeitszeitkonten und Regelungen zur Unter- und Überschreitung von Arbeitszeitsalden definiert, sondern auch daraus resultierende Schlussfolgerungen festgelegt. „Sonn- und Feiertagszuschläge sind genauso dabei wie unter anderem die Möglichkeit des Freizeitausgleiches“, so Felter. Die Arbeitszeit wird jetzt per App und Webanwendung erfasst. Auch die Buchung von Rufbereitschaft ist darüber möglich. Die eigene Arbeitszeit kann im Rahmen von 6 bis 20 Uhr frei eingeteilt werden und auf fünf Werktage pro Woche verteilt werden. Angesammelte Plusstunden können vollumfänglich in ganzen Gleittagen abgebaut werden. Auch die Pause kann unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungen frei eingeteilt werden.

Für Francesco Grioli, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvorstands der IGBCE, ist vor allem der Hintergrund des Gremiums besonders: „Ihr seid ein Betriebsrat in einem schnell wachsenden Startup in der smarten, grünen, effizienten Industrie. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht alltäglich und stimmt mich gleichzeitig zuversichtlich“, sagte Grioli. Auch auf dem Weg Richtung Zukunft könne und solle Betriebsratsarbeit gestalten. „Denn dort, wo es Betriebsräte gibt, geht es gerechter zu und geht es Beschäftigten besser.“

Der deutsche Betriebsräte-Preis ist eine Initiative der Fachzeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“ und wird seit 2009 jährlich vergeben. Der Preis würdigt engagierte Betriebsratsarbeit und will das wichtige Engagement der betrieblichen Interessenvertretung in Deutschland öffentlich machen sowie nachhaltig unterstützen. Die Konferenz wird in Kooperation mit dem DGB, der IG Metall, ver.di, IGBCE, IG BAU, EVG, NGG, GEW und der Hans-Böckler-Stiftung veranstaltet.

Die weiteren Gewinner*innen im Überblick:

  • Goldpreis: Hauni Maschinenbau GmbH
  • Silberpreis: Klinikum Peine
  • Sonderpreis Digitalisierung: IBM Central Holding GmbH
  • Sonderpreis Zukunftssicherung: WMF Group GmbH