Finanzierung der Pandemie-Kosten

„Den Menschen ihren Urlaub kürzen und sie länger arbeiten lassen zu wollen, ist absurd und unsolidarisch.“

Den Vorschlag des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die Pandemie-Kosten mit längeren Arbeitszeiten und anderthalb Wochen weniger Urlaub gegenfinanzieren zu wollen, lehnt Roland Strasser, Landesbezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) Rheinland-Pfalz/Saarland, entschieden ab. „Das ist absurd und unsolidarisch. Mehr noch: Wenn das IW solche Vorschläge als ,mutige angebotsseitige arbeitsmarktpolitische Maßnahmen‘ bezeichnet, ist das an Zynismus nicht mehr zu überbieten“, urteilt Strasser.

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Länger arbeiten? Die IG BCE lehnt die Gedankenspiele des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) entschieden ab. 

Foto: © Pixabay

Konkret rechnet das IW vor, dass mit einer Erhöhung der Erwerbstätigenquote um 2,5 Prozentpunkte und der Jahresarbeitszeit um 11% die Schuldenstandsquote um mehr als 16 Prozentpunkte sinken könnte. Vorgeschlagen wird der „Abbau unfreiwilliger Teilzeit“ und die „Angleichung der Wochenarbeitszeit der Frauen an die der Männer“ (vgl. IW-Kurzbericht 37/2021). Anderthalb Wochen Urlaub sollen auf diese Weise wegfallen.

„Das sind Vorschläge, wie sie nur am Schreibtisch entstehen können“, kommentiert Roland Strasser diese Überlegungen. „Insbesondere Industriebeschäftigte sind schon heute nicht in der Lage, bis 67 Jahre zu arbeiten. Gleichzeitig nimmt der Druck, in immer kürzerer Zeit immer mehr arbeiten zu müssen, seit Jahren beständig zu“, verweist der Gewerkschafter auf die Realität in vielen Betrieben. Die IG BCE konnte diesen Entwicklungen zwar tarifpolitisch Einhalt gebieten, doch ist dies auf die zuständigen Branchen der Gewerkschaft beschränkt.

Gegenvorschläge im Steuer- und Sozialversicherungssystem

Die gesamtgesellschaftliche Diskussion müsse sich deshalb nun darum drehen, das Steuer- und Sozialversicherungssystem – insbesondere nach der Pandemie – gerechter zu gestalten. „Da geht es beispielsweise darum, dass auch große Digitalkonzerne ihre Steuern bezahlen und Beschäftigte flexible Übergänge in die Rente benötigen. Zudem könnte eine Erwerbstätigenrente, in die auch Beamte und Selbständige einbezahlen, die Einnahmensituation der Rentenversicherung deutlich verbessern“, rät Strasser.